von Andreas Milk
Seit 2017 gilt im Strafrecht eine neue Vorschrift: Sie soll speziell Vollstreckungsbeamte, Feuerwehrleute, Sanitäter vor tätlichen Angriffen schützen. Im Prozess um einen Vorfall in Bergkamen hat der Kamener Amtsrichter Martin Klopsch diese Vorschrift heute angewandt – Ergebnis: eine hohe Geldstrafe für einen Rempler auf offener Straße.
Am 19. Juni 2017 – wenige Wochen nach Inkrafttreten des neuen Paragraphen – war Klaus G. (alle Namen geändert), Mitarbeiter des Ordnungsamtes Bergkamen, auf der Rünther Straße im Einsatz: Vor einem türkischen Imbiss stand ein Lieferwagen quer auf dem Bürgersteig; Fahrer Sedat P. lud gerade Kisten mit Brot aus. Klaus G. wollte das mit seiner Kamera dokumentieren. Sedat P., so die Anklage, stieß ihn deshalb gegen die Brust.
Beim Gerichtstermin bestritt Sedat P. erst, dass es überhaupt eine Berührung gegeben habe: Streit um die Ahndung des ordnungswidrigen Parkens ja – Körperkontakt nein. Klaus G. schilderte das ganz anders: P. sei plötzlich auf ihn zu gelaufen und habe ihn mit der Brust angestoßen. Da sei für ihn das Maß des Erträglichen überschritten gewesen – „wir müssen uns ja sowieso schon einiges anhören“. Zwar erlitt Klaus G. keine Verletzung und keine Schmerzen, dennoch zeigte er den ruppigen Brotlieferanten an.
Der ist 45 Jahre alt, hat keinerlei Vorstrafen und bekannte sich letztlich doch dazu, an jenem Tag auf der Rünther Straße wohl etwas aufbrausend gewesen zu sein. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, eine Haftstrafe sei hier zur Verteidigung der Rechtsordnung nicht nötig – eine Geldstrafe tue es auch.
Dem folgte Richter Klopsch in seinem Urteil: 90 Tagessätze à 20 Euro – eine hohe Summe, erst recht für den Bezieher einer Erwerbsunfähigkeitsrente von rund 400 Euro monatlich. Grundsätzlich wären wenigstens drei Monate Haft fällig gewesen (die in diesem Fall wohl zur Bewährung ausgesetzt worden wären). Sollte das Urteil rechtskräftig werden und Sedat P. das Geld nicht zahlen können, drohen eben diese drei Monate Haft immer noch – dann eben in Form einer so genannten Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Tagen.
Der Gesetzgeber will, sagte Richter Klopsch, dass das Strafrecht auch abschreckt. Spricht sich die neue Vorschrift rum, werden die Attacken – hoffentlich – weniger.