2. Kulturpicknick: Mit Sockensozialismus und Tarantino Corona die Comedy-Zähne zeigen
Beatles, Tarantino, Botox, Handies, Detox, Navis, Bob Dylan: Wer braucht schon das Original, wenn die Comedy-Adaptionen so viel lustiger sind. Lucy Van Kuhl und Lars Redlich hatten als unschlagbares Duo beim 2. Kulturpicknick Antworten auf jeden Wahnsinn der Corona- und Jetztzeit – verpackt als Musikkabarett, Liedermacherei, Plauderei, Schenkelklopfer, Erzählung, Dialog, Miniatur-Schauspiel. Selbst mit regennassem Hinterteil gab es kein Halten auf der triefenden Bühne – und auch nicht auf den durchgeregneten Picknickdecken davor.
Mancher verschluckte sich an den mitgebrachten Snacks oder sank von Lachkrämpfen geschüttelt hinter den aufgestellten Regenschirmen akut zusammen. Denn das, was das Duo dort begleitet von lieblichen Flügel- und Gitarrenklängen aus dem Hut zauberte, war einfach erschütternd für die entwöhnten Zwerchfelle. Unter den Regenjacken wurde es jedenfalls schon von Beginn an ganz schön warm, wenn das Date mit der Veganerin mit Fleischtomaten für den Hund und Meat & Greet-Ende frei nach Tarantino und Pilcher endete. Die Bohnen im Salat waren da „blowing in the wind“ und Eike die Eintagsfliege machte es auch nicht viel besser.
Die Kinder versuchen nach der Corona-Pause verzweifelt die Fische im Aquarium heranzuzoomen und dem Lesezeichen bleibt nach dem jüngsten Pandemie-Volldigitalisierung nur das Klagelied. Ab ins Traumtanztaumelland mit Social Media. Dem Handy wird jetzt endlich auch eine Stimme gegeben, denn das Leben mit Chantal ist alles andere als megafett und voll krass. Ein Hoch auf die Distanz nicht nur auf der Autobahn, beim Tanzen oder per Zoom zum nervigen Kollegen: Zurück zu den Zeiten, als alle noch hemmungslos Döner mit Knoblauch und alles zusätzlich zu den Chips in sich hineinstopfen durften. Das Bett im Kornfeld wird zum Fett, das nach vorn fällt und an Tagen wie diesen ist es gut, einen Wagen zu leasen. Wer jetzt noch keine Lachtränen weinte, dem war auch nicht mehr zu helfen.
Tränen hatte das Bergkamener Kulturteam allerdings noch ein paar Minuten vor Beginn des Kulturpicknicks in den Augen. Im Römerpark bildeten sich anschauliche Pfützen unter den Bindfäden von Regen, der Flügel war in Gefahr und auch sämtliche Technik brauchte schützende Plastikhüllen. „Wir sahen uns hier schon allein mit den beiden Stars sitzen“, erzählt das Team. Riesig war die Erleichterung, als der Regen endlich nachließ, die meisten der 190 angemeldeten Gäste herbeiströmten und alle gleichmütig die nassen Picknickdecken mit eigenen regenfesten Varianten zudeckten. Selbst der Hund hatte unter dem Regencape Platz. Hinter den Absperrungen fanden sich spontane Zuschauer, die auch gleich einen privaten Getränkedienst organisierten.
Die Regenstiefel und Schirmumwehrungen lohnten sich. Denn es ging auch nach der Pause genauso beschwingt weiter. Wer hatte schon vom Sockensozialismus und den Qualen der einsamen Socke gehört. Sich angesichts von Kriegen und Klimaverwüstungen einmal Gedanken über die Qual der Auswahl zu machen: Auch ernst kann lustig sein. Auch Koffer haben Gefühle und Ehepartner zum 50. Hochzeitstag sowieso – da braucht es kein Corona, um sich ein hübsches Massaker wenigstens in der Fantasie auszumalen.
Wenn dann alle das „Aaaaahhhhaaaahaaaa“ von Uriah Heep mit Loch im Zahn und in allen Sprachen mitsingen, ist die Stimmung auf dem Hochpunkt. Das supercoole Bergkamen-Medley auf Zuruf bringt die Steinarena zum Kochen. Eine Zugabe und noch eine muss her, bevor der Regen zurückkommt. Und die Gratis-Picknick-Tüten schaffen es nur mit Mühe durch die dann doch noch strömende Regenflut ins Trockene zurück. Da ist die Laune dennoch garantiert immer noch besser denn je. Da wünschte man sich fast schon die Comedy-App, um zu entscheiden, was an diesem Abend das Beste war.