Mengenrabatt vom Gericht: Kein Urteil für Gitarrenklau

von Andreas Milk
Großkunden bekommen Mengenrabatt: Viele Geschäfte halten das so, und manchmal trifft das auch aufs Kamener Amtsgericht zu. Vor dem Strafrichter sollte sich jetzt ein 33-Jähriger wegen zweier Taten an der Bergkamener Lessingstraße im Juli vergangenen Jahres verantworten. Der Mann sitzt längst wegen anderer Delikte für Jahre in Haft. Deshalb kam diesmal keine weitere Verurteilung dazu: Das Verfahren wurde eingestellt.

Und darum hätte es im Prozess gehen sollen: Erst soll der Angeklagte am 8. Juli 2022 einen anderen Mann auf der Lessingstraße zu Boden gestoßen und damit eine Knieverletzung verursacht haben. Knapp eine Woche drauf – am 14. Juli – habe er denselben Mann an dessen Wohnungstür in ein Gespräch verwickelt; ein unbekannter Komplize sei währenddessen in die Wohnung gegangen und habe eine Gitarre für 6.000 Euro, ein Mikrofon für 1.500 Euro sowie eine Videokamera für 200 Euro gestohlen.

Zu beiden Tatvorwürfen schwieg der Angeklagte. Er ist gerade dabei, insgesamt drei Haftstrafen zu verbüßen, verhängt von Gerichten in Münster, Dortmund und Hagen – unterm Strich rund vier Jahre. Es ging in den früheren Prozessen um Vergehen quer durchs Strafgesetzbuch: Diebstahl, Bedrohung, Beleidigung, auch mal ein Angriff auf Vollstreckungsbeamte. Dabei wirkt der Angeklagte, wie der Kamener Richter feststellte, recht sympathisch. Durch eine Trennung sei er aus der Spur geraten, erklärte der Mann.

Die Verfahrenseinstellung lag nicht allein wegen der Verhältnismäßigkeit nahe: Die Fälle in Bergkamen spielten sich im Drogenmilieu ab; ob es da verlässliche Zeugenaussagen gegeben hätte, ist fraglich. Der Eigentümer der geklauten Gitarre ließ sich gar nicht erst im Gerichtssaal blicken. Auch, ob das Instrument wirklich ein paar Tausender wert war, ist keineswegs sicher.

 




„Aus Versehen“ Angeklagter: Betrugsvorwurf um Dialysefahrten

von Andreas Milk
Manchmal reicht eine Nachlässigkeit oder ein Versehen, um sich als Angeklagter in einem Strafprozess vor Gericht verantworten zu müssen. So war es jetzt im Fall des Bergkamener Kleinunternehmers Murat M. (Name geändert). Er soll sich eines Betrugs schuldig gemacht haben, und zwar in Zusammenhang mit der Abrechnung von Dialysefahrten für eine ältere Patientin.

An ein und demselben Tag Ende August 2021 gingen an die Knappschaft routinemäßig zwei Rechnungen seiner Firma raus, die eine über 1.858 Euro, die andere über 1.467 Euro. Beide wurden auch beglichen – obwohl die zweite, niedrigere Rechnung Fahrten enthielt, die schon in der ersten enthalten waren.

Der Prozesstermin vor der Kamener Strafrichterin war flott erledigt. Nicht nur, dass der Betrag aus der ersten, fehlerhaften Abrechnung sowieso schon längst an die Knappschaft zurückgeflossen war. Es stellte sich auch heraus: An jenem August-Tag vor knapp zwei Jahren wurde bereits eine Stornierung der ersten Rechnung versandt. Aber weil das Abrechnungssystem anscheinend eine Wissenschaft für sich ist, wurden die 1.858 Euro trotzdem angewiesen.

Ende der Geschichte: Das Verfahren gegen Murat M. wurde wegen Geringfügigkeit eingestellt – ohne irgendwelche Auflagen. Strafe für den voreiligen Rechnungsversand bleibt damit das lästige Verfahren als solches. Dazu kommen Kosten für seinen Anwalt.

 




Junger „Haustyrann“ vor Gericht: Ermahnung – dann Einstellung

von Andreas Milk
Es wäre ziemlich untertrieben, das Verhältnis zwischen dem 20-jährigen Bergkamener Maik T. (Namen geändert) und seinem rund 40 Jahre älteren Nachbarn Siegfried M. als angespannt zu bezeichnen. Kein Wunder, dass sich beide jetzt vor dem Kamener Jugendrichter trafen. Maik T. war angeklagt, Siegfried M. damit gedroht zu haben, ihn „platt zu machen“. Obendrein habe er dabei die Geste des Kehledurchschneidens gezeigt.

Aneinander geraten waren die beiden am 3. Januar. Der Grund: In Maik T.s Wohnung war es laut – Siegfried M. war genervt und wollte sich beschweren. Maik T. erinnert sich: M. habe nicht etwa an seine Tür geklopft, sondern gleich dagegen gehämmert. Da sei er selbst dann eben auch etwas ruppiger geworden. Und es sei auch Siegfried M. gewesen, der zuerst Prügel angedroht habe.

M. wiederum erklärte dem Richter, der junge Nachbar „tyrannisiert das ganze Haus“. Die Polizei müsse immer wieder antanzen – doch wirklich helfen können habe sie nicht.

Die gute Nachricht: Zum 31. August hat Maik T. seine Wohnung gekündigt – wenigstens mit dem Neu-Rentner Siegfried M. dürfte es also künftig keinen Stress mehr geben. Der Richter beließ es bei einer Ermahnung für Maik T. und stellte das Verfahren ein. T. hatte sich in seiner Aussage ansatzweise reumütig gezeigt: Er sei halt damals sauer und erregt gewesen – richtig verhalten habe er sich nicht.

 




Corona-Koller: Vater schlägt Kinder – Geldstrafe

von Andreas Milk
Am Morgen des 28. Juni 2022 war Familienvater Markus K. (32, Name geändert) fertig mit den Nerven: Corona-Isolation in der Bergkamener Mietwohnung war angesagt – und die beiden Kinder, ein dreijähriges Mädchen und ein fünfjähriger Junge, waren in der Situation alles andere als pflegeleicht. Irgendwann hatte Markus K. genug. Er zog beide mit Gewalt an den Armen unter einem Tisch hervor, verpasste ihnen Schläge mit der flachen Hand auf den Kopf oder gegen die Schläfe und schleifte das Geschwisterpaar am Ende noch ein paar Meter über den Boden. Seine Lebensgefährtin – Mutter der beiden – zeigte ihn an.

„Vollumfänglich geständig“ sei sein Mandant, erklärte jetzt Markus K.s Verteidiger in Kamen vor dem Strafrichter. K. selbst ist weder vor noch nach dem Ausraster je als Gewalttäter in Erscheinung getreten. Aus freien Stücken begab er sich nach der Tat in eine Therapie. Von Frau und Kindern lebt er mittlerweile getrennt. Es gibt aber Kontakt: Die Kinder hätten dem Papa längst verziehen, sagte ihre Mutter. Beide hätten kurz nach den Schlägen wissen wollen, ob er denn „wieder lieb“ sei.

Auch wenn Markus K. Ersttäter war: Auf eine Verfahrenseinstellung wollte sich der Vertreter der Staatsanwaltschaft nicht einlassen – es gehe immerhin um Gewalt gegen sehr kleine Kinder. Auch andere Menschen hätten die Isolation ohne Prügel durchgestanden. Das Urteil: eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 10 Euro. Quarantäne hin oder her: „Sowas darf nicht passieren“, fand der Richter.




„Hurensöhne“ bei McDonald’s: „Passiert jedes Wochenende“

von Andreas Milk
Zum zweiten Mal binnen einer Woche beschäftigte ein Vorfall bei McDonald’s im Kamen Karree das Amtsgericht – angeklagt diesmal: ein 27-jähriger Bergkamener. Am sehr frühen Morgen des Tags der Deutschen Einheit 2022 benahm Torben H. (Name geändert) sich daneben. Er beleidigte gegen halb drei in der Frühe zwei Mitarbeiter des Fast-food-Restaurants.

„Hurensöhne“ soll er sie genannt haben. So genau wusste der Mc-Donald’s-Mann, der als Zeuge vor Gericht erschienen war, das nicht mehr. Derartige Beleidigungen seien nichts Besonderes – „das passiert jedes Wochenende“. Erst als die Richterin ihm den Strafantrag zeigte, den er seinerzeit unterschrieben hatte, dämmerte es ein bisschen: Torben H. und ein anderer Mann, gegen den noch getrennt verhandelt werden soll, hätten Stunk gemacht, eigentlich gehen sollen – seien aber geblieben und hätten weiter genervt.

Torben H. sprach von einem „unkontrollierten Moment“. Er sei stark betrunken gewesen, könne sich nicht konkret erinnern – er sei aber bereit, sich für sein Tun zu entschuldigen. „Ich werde dafür geradestehen“, erklärte er.

Etwas problematisch bei ihm: Er hat 13 Eintragungen im Vorstrafenregister, darunter schon welche wegen Beleidigung. H. hat den Teil einer Jugendstrafe verbüßt, der Strafrest wurde zur Bewährung ausgesetzt, die Bewährungszeit läuft noch gut zwei Jahre.

Für die „Hurensöhne“ wurde er nun zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 10 Euro verurteilt. Wie sich das Verfahren auf den Fortgang seiner Bewährung auswirkt, ist derzeit offen.

 




„Traummann“ wird zum „Dämon“: Gewalt gegen die Ex-Freundin

von Andreas Milk
Unter Tränen beschrieb die Bergkamenerin Nathalie T. (Namen geändert) dem Richter am Kamener Amtsgericht, wie sich ihr Lebensgefährte Nick F. in der Nacht zum 29. August 2022 aufführte. Sie hatte sich nach sieben Jahren Beziehung von ihm losgesagt – er kam damit nicht klar: Mit der flachen Hand habe er ihr ins Gesicht geschlagen, sie gestoßen und gebissen, mit einer abgebrochenen Bierflasche hantiert und eine Machete vor ihren Augen in die Tür gerammt.

All das geschah in der damals gemeinsamen Wohnung in Weddinghofen. Die Polizei nahm Nick F. mit. Sie brachte ihn fürs erste in die Psychiatrie. Denn er hatte auch damit gedroht, sich zu erhängen. „Er stand vor mir wie ein Dämon“, sagt Nathalie T. über den Mann, mit dem sie „eigentlich alt werden“ wollte und den sie als ihren „Traummann“ gesehen habe.

Dieser Mann sei eigentlich liebenswert. Alkohol und Drogen hätten ihn kaputt gemacht. Tatsächlich schien Nick F. – nüchtern – in der Verhandlung freundlich und umgänglich zu sein. In jener Nacht hatte er wohl im Suff einen Abschiedsbrief verfasst, den er Nathalie T. vorlesen wollte, als sie nach Hause kam. Dass sie davon wenig angetan war, brachte ihn in Rage. „Gestritten haben wir uns schon immer“, sagt Nick F. – zugeschlagen habe er aber nie. Gleichwohl belegt ein ärztliches Attest Prellungen und Hämatome. Nathalie T. war einige Tage krankgeschrieben.

Fast schon ungewöhnlich für einen Angeklagten von Mitte 40 bei einem Gewaltdelikt: Nick F. hat keinerlei Vorstrafen. Bloß ein Annäherungsverbot hat er sich bisher eingehandelt beim Familiengericht. Der Strafrichter entschied nun: Eine Verwarnung für den Ausraster im August reicht, quasi eine Geldstrafe auf Bewährung für Körperverletzung und Bedrohung. 60 Tagessätze à 15 Euro drohen dem Mann, sollte er nochmal straffällig werden.

Seiner „Ex“ wünschte er alles Gute. Das Gerichtsgebäude verließen die beiden mit Abstand.

 




Unter Drogeneinfluss: Auto der Schwester demoliert

von Andreas Milk
Seine Schwester hatte ihn gebeten, mal nach dem Motor ihres Wagens zu schauen. Stattdessen setzte sich Florian M. (Name geändert) in den VW, setzte auf der Helmstedter Straße in Oberaden ein Stück zurück und krachte in ein geparktes Auto. Zu dem Zeitpunkt stand er – wie sich später zeigen sollte – unter Einfluss von Alkohol (rund 0,9 Promille) sowie illegalen Drogen. Führerschein: nicht vorhanden. Und nun saß er als Angeklagter im Kamener Amtsgericht.

„Ich war nicht Herr meiner Sinne“, sagte er. Das bestätigte prompt der Richter: „Die schlaueste Tat war das nicht.“ Das Polizeiprotokoll hält fest, M. sei bei der Unfallaufnahme „redselig und hyperaktiv“ gewesen. Mit seiner Schwester hat Florian M. seit jenem Vorfall Mitte Februar allerdings nur ein einziges Mal geredet. Und nicht nur das Verhältnis zu ihr ist wohl fürs erste im Eimer – auch das geparkte Auto war ein Totalschaden: gut 4.000 Euro wären für die Reparatur nötig gewesen. Der Eigentümer, als Zeuge im Gerichtssaal, hat nach eigenen Angaben noch kein Geld von der Versicherung bekommen.

Für Florian M. – vorbestraft unter anderem wegen Schwarzfahrens und Körperverletzung – gab es eine Geldstrafe in ähnlicher Größenordnung: 90 Tagessätze à 50 Euro muss er zahlen. Er akzeptierte den Richterspruch.

 




Ehe vor Gericht: „Schneide dir den Finger ab“

von Andreas Milk
Der Kamener Strafrichter war diesmal auch als Eheberater tätig – auch wenn von der Ehe nicht viel übrig zu sein scheint. Er riet dem Angeklagten: Wenn eine Diskussion mit seiner Frau zu eskalieren drohe, „müssen Sie Platz zwischen sich schaffen“. Marcel P. (25, Namen geändert) hatte am 8. Oktober 2022 seiner Frau Nora im Streit gedroht, er werde ihr einen Finger abschneiden – und zwar den, der eine Tätowierung mit seinem Namen trägt -, sie außerdem umbringen und mit der gemeinsamen Tochter verschwinden. Das Ganze passierte in der Wohnung des Paars in Rünthe. Marcel P. „wohnte“ eigentlich gerade in der JVA. Er hatte aber Ausgang.

Ein Ehepaar wurden Marcel und Nora P. 2021. Marcel P. „sitzt“ seit Mai 2022. Derzeit ist er im offenen Vollzug. Die Haft endet nach heutigem Stand im November 2024. Eine vorzeitige Entlassung sei ihm in Aussicht gestellt worden, erklärte er im Prozess. Freundlich und reuevoll schilderte er das Geschehen in der Rünther Wohnung: eine „Kurzschlussreaktion“ sei das gewesen, nachdem er erfahren habe, dass seine Frau ihn betrüge. „Ich war komplett überfordert.“ Was die Drohung mit dem Fingerabschneiden angeht: Noch nie habe er jemandem weh getan. Marcel P., vielfach vorbestraft, setzte sich hin und schrieb aus freien Stücken einen Brief an die Polizei, nachdem seine Frau ihn angezeigt hatte. Schon in diesem Brief gab er alles zu.

Nora P. ist dem Anschein nach heute mit ihrem Mann fertig. Er habe sich nicht geändert, sagt sie. Er sehe seine Tochter, „und das ist auch gut so“. Im übrigen, so die junge Frau, strebe sie die Scheidung an und wolle ihr Abitur nachmachen.

Das Urteil für Marcel P.: eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 8 Euro. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe auf Bewährung beantragt; P.s Verteidiger hatte eine Verfahrenseinstellung angeregt: Sein Mandant sei halt „ein rustikaler Typ“, der aber wohl auch andere Seiten habe, sonst hätte ihm Nora P. nie das Jawort gegeben. Gut möglich, dass der Fall noch das Dortmunder Landgericht in einer Berufungsverhandlung beschäftigen wird.




Sturmhaube, Machete – und keine Haftpflichtversicherung für den E-Scooter

von Andreas Milk
Vor dem Jugendrichter saß der 18-jährige Michel H. (Name geändert) jetzt, weil er im vergangenen Oktober mit einem nicht haftpflichtversicherten E-Scooter durch die Bergkamener Lessingstraße gezischt war. Aufgefallen war er seinerzeit einer Polizeistreife aber vor allem durch zwei Details: Erstens trug H. eine Sturmhaube, zweitens eine Machete auf dem Rücken. Da kann man schon mal stutzig werden. Die Sache mit der Machete wurde damals wohl als Ordnungswidrigkeit geahndet; sie spielte bei Gericht jedenfalls keine Rolle mehr. Die fehlende Versicherung dagegen brachte dem jungen Mann eine Anklage.

Freundlich und mitteilsam erklärte er dem Richter im Amtsgericht Kamen, die Vorwürfe gegen ihn seien richtig. Mittlerweile sei er aber „ordentlich“ geworden. Seine Vergangenheit war heikel: unter anderem mit ADHS, Drogensucht, Drogenentzug, kleineren Straftaten, chaotischen Familienverhältnissen und abgebrochener Berufsausbildung nach dem Abschluss an der Kamener Hauptschule.

Gegen all das wirkte die illegale E-Scooter-Tour eher wie Kleinkram. War sie aber nicht, betonte der Vertreter der Staatsanwaltschaft: Ein Unfall sei schnell passiert, und das Fehlen einer Versicherung und die damit verbundene Notwendigkeit, selbst für Sach- oder gar Personenschäden aufzukommen, könne ein Leben kaputt machen. So gesehen: Glück gehabt.

Das Urteil für Michel H.: Er muss 30 Stunden Freizeitarbeit ableisten. Der E-Scooter wird eingezogen. Noch im Gerichtssaal erklärte H., den Richterspruch anzunehmen. Die Entscheidung ist damit rechtskräftig.

 




Stöpsel-Dieb erwischt: Von Ikea in die U-Haft

von Andreas Milk
Einen Tag nach seiner Festnahme im Kamener Ikea-Haus stand Dariusz T. (36, Name geändert) in Unna vorm Haftrichter. Der schickte T. ins Gefängnis. Das war am 4. Februar dieses Jahres. Jetzt, knapp sieben Wochen später, stand T. in Handfesseln wieder vor einem Richter, diesmal im Amtsgericht Kamen. Und dieser Richter verurteilte T. zwar – aber danach durfte er gehen.

Dass er exakt 48 Tage in U-Haft verbringen musste, liegt unter anderem daran, dass der in Polen gemeldete Dariusz T. in Deutschland zwar allerhand Kontakte haben soll – darunter seine Ex-Freundin -, aber nicht über eine feste Adresse verfügt. Am Abend des 3. Februar hatte er sich in Ikeas Küchenabteilung bedient. Jede Menge Utensilien stopfte er in seinen Rucksack, beispielsweise elf Messer und 39 (!) nicht näher definierte Stöpsel. Gesamtwert der Sachen: exakt 1457 Euro und 96 Cent.

Die Staatsanwaltschaft ging in ihrer Anklage von Gewerbsmäßigkeit aus. T. habe gestohlen, um die Sachen weiterzuverkaufen und so seinen Lebensunterhalt zu sichern. Das gab der Angeklagte auch zu. Er war erst am Tattag (wieder) nach Deutschland eingereist und brauchte Geld. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte eine Haftstrafe auf Bewährung wegen Diebstahls im besonders schweren Fall. T.s Verteidigerin erklärte, sie gehe nicht von gewerbsmäßigem Tun aus. Ihr Mandant habe keine Vorstrafen; das spreche für eine einmalige Tat.

Dieser Auffassung folgte der Richter. Dass T. seinen Unterhalt auf lange Sicht mit Diebstählen hätte sichern wollen, sei ihm nicht nachzuweisen. Das Urteil: eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 10 Euro wegen einfachen Diebstahls. Diese Strafe dürfte mit den 48 Tagen im Gefängnis abgegolten sein. Die Kosten des Prozesses wird Dariusz T. allerdings tragen müssen, wenn er sich keinen neuen Ärger mit der deutschen Justiz einhandeln will.

 




Kontaktlos – und strafbar: Prozess um 3 Euro 63

von Andreas Milk
Kontaktloses Zahlen per Girokarte ist eine feine Sache – allerdings womöglich strafbar, wenn die benutzte Karte gar nicht die eigene ist. Und so kam es, dass eine Zahlung über sage und schreibe 3 Euro und 63 Cent an einer Tankstelle in Oberaden zu einem Prozess vor dem Kamener Amtsgericht führte.
Thomas L. (Name geändert) war angeklagt. Er hatte die fremde Karte der Sparkasse UnnaKamen am späten Nachmittag des 13. Oktober 2022 benutzt. Die Karte, sagt er, habe er in einem Zigarettenautomaten gefunden, mitgenommen und beschlossen, sie bei nächster Gelegenheit in den Briefkasten einer Sparkassenfiliale zu werfen. Im Verkaufsraum der Tankstelle habe er dann in sein Portemonnaie gegriffen – und ohne Absicht die zwischengelagerte Fremdkarte zum Bezahlen rausgegriffen.

Die rechtmäßige Eigentümerin ließ die Karte etwas später sperren. Sie war vorher mit dem Bus unterwegs gewesen und nimmt an, die Karte entweder verloren zu haben oder Opfer eines Diebstahls geworden zu sein. Neben ihr im Bus habe ein etwas merkwürdiger Mann gesessen. Thomas L. war das aber nicht.

Alles bloß ein Versehen also mit der irrtümlich eingesetzten Fundkarte? An dieser Stelle kommt die Videoüberwachung der Tankstelle ins Spiel. Die Filmsequenz zeigt: Vorm Bezahlen schaut Thomas L. sich die Karte ziemlich genau an. „Ihnen ist klar, dass ich Sie verurteilen muss?“, fragt der Richter den Angeklagten. Der reagiert mit einem nervösen Lachen.

Verurteilt war er eigentlich schon vor dem Prozesstermin. Genauer: Er hatte einen Strafbefehl über 40 Tagessätze à 30 Euro nach Aktenlage bekommen – dagegen aber Einspruch eingelegt. An einen Videobeweis dachte er dabei vermutlich nicht. Den Einspruch nahm er nun beim Termin zurück. Der Richter hatte angedeutet, angesichts der Höhe von L.s Einkommen die Tagessatzhöhe vielleicht noch ein bisschen anzuheben.